Leserbrief  zum Artikel „Von Fluch und Segen“  vom 7. Januar 2012 in der Mitteldeutschen Zeitung, Seite 5:

Bildzeitung als Wächter der Pressefreiheit?

 Christian Wulff und das Amt des Bundespräsidenten passen nicht mehr zueinander. Nicht weil Wulff reiche Freunde hat, nicht wegen eines sehr bedenklichen Kredites. Wulff hat einen öffentlichen Streit, zwischen dem Bundespräsidenten und einem mächtigen Medienverlag ermöglicht. Er hat der Boulevardzeitung die Chance gegeben, aller Welt genüsslich aufzuzeigen, dass sie mit dem Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland spielen kann. Häppchenweise wird veröffentlicht, je nach Lust und Laune. Wenn es dem Springer Verlag um die Pressefreiheit gehen würde, dann hätte er unverzüglich und umfassend alle Informationen auf den Tisch gelegt. Aber mit Blick auf die eigenen Verkaufszahlen ist es sicher einträglicher, das Thema Christian Wulff in die Länge zu ziehen.

Christian Wulffs Verhalten bietet Anlass für einen schnellen Rücktritt. Wulff wird bislang ein freundschaftliches Verhältnis zur Bildzeitung nachgesagt, er konnte sich in früheren Zeiten der Unterstützung des Blattes sicher sein. Warum dieses offensichtlich gepflegte Verhältnis nun zerrüttet ist weiß man nicht. Der Grund würde sicher Aufschluss über das Motiv der Veröffentlichungen geben.

Die Kanzlerin hat eine zeitige eigene Position vermieden! Das zeigt ihre Angst, selbst Schaden zu nehmen. Zum einen sieht die Kanzlerin tatenlos zu, wie einbedenkliche Blatt den Bundespräsidenten wie einen Tanzbären an der Nase herum führt, zum anderen schweigt sie zu Gunsten des Christian Wulff. Angst vor einem zweiten Rücktritt ist unbegründet, wenn der nächste Kandidat akzeptabel ist. Bundespräsidenten, die nicht aus dem Konsens unserer Gesellschaft gefunden werden, sondern weiterhin nur auf der Basis von parteilichen Machtverhältnissen ins Amt gehoben werden, sind nicht immer ideal. Machtpoker ist dem Amt nicht angemessen! Ich hab von beiden Streitparteien genug, von der Bild Zeitung schon immer und von Christian Wulff jetzt.

                                                                                                                            und hier der in der Volkstimme teilweise abgedruckte Leserbrief