Leserbrief  betreffs Artikel  vom 22. 04. 2005 in der Mitteldeutschen Zeitung:

Unternehmen „marktradikal und asozial“  (Freitag 22.04.2005): 

Die Kritik von Müntefering ist richtig und da sie nicht pauschal ist, punktuell sogar noch zu lasch. Wer im Duden nachschlägt findet heraus, dass „asozial“ auch als „gemeinschaftsschädigend“ definiert wird. Trotz Steuergeschenken an die Großunternehmen und Agenda 2010, trotz der politisch diktierten Entwertung des Marktfaktors Arbeit, schaffen  die Unternehmen mit satten Gewinnen keine neuen Arbeitsplätze. Im Gegenteil, Arbeitsplätze werden, gewinnmaximierend,   munter weiter wegrationalisiert.  Der Leistungsdruck auf „Noch – Beschäftigte“ wird stärker, die Konditionen der Arbeitnehmer können nach dem Willen mancher Arbeitgeber nicht „kostengünstig“ genug, sprich nicht „schlecht genug“ sein. Die Gilde der „Shareholder Value“ - Manager muss sich nicht wundern, wenn sie in Zeiten üblicher Kostensenkung durch „Personalentsorgung“ mit harten Worten zur Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung aufgefordert wird.

Wenn CDU Politiker die Kapitalismuskritik von Müntefering mit einfachen Parolen der NPD vergleichen, ist das aus meiner Sicht ein schlimmer Beweis für Verantwortungslosigkeit, mehr noch für Brandstiftung an der demokratischen Kultur. Wenn Westerwelle diese Kapitalismuskritik als Klassenkampf bezeichnet, muss er sich fragen lassen, ob unterstellter Klassenkampf nicht eine Gesellschaft von arm und reich voraussetzt?   

Die SPD muss sich vorwerfen lassen, ohne gesicherte Gegenleistung der Wirtschaft, einseitig in Vorleistung zu Lasten der Arbeitnehmer und Arbeitslosen gegangen zu sein. Viele Arbeitnehmer die noch Arbeit haben, stellen entsetzt fest, dass manche Arbeitgeber heute nicht einmal mehr Gesetze respektieren. Wen wundert es da, wenn eine Diskussion über die gesellschaftliche Verantwortung des Kapitals an Schärfe zunimmt?

  

Mit freundlichen Grüssen         

 Ulrich Schrieber 

nach dem Original  hier der in der Mitteldeutschen Zeitung abgedruckte Ausschnitt aus meinem Leserbrief