Leserbrief
betreffs Artikel vom 30. Januar 2006 in der Mitteldeutschen
Zeitung:
Mindestlohn
längst Realität – Modell in Großbritannien seit Jahren erfolgreich
Da
fragt man sich worauf die Politik in Deutschland noch wartet? Wenn es zwischen
den Ländern Europas „20 zu 7“ für den Mindestlohn steht, ist das ein
tragendes Argument für gesetzliche Mindestlöhne. Ein Mindestlohn wird das
Preisgefüge in Deutschland beeinflussen, aber
ist das ein gravierender Nachteil? Derzeit resultieren in vielen Branchen die
sinkenden Produktpreise lediglich aus gedrückten Lohnkosten. Der Wettbewerb
zwischen Anbietern findet zu einem
guten Teil nicht mehr über Qualität statt, erfolgreichster Arbeitgeber ist
oft, wer seine Belegschaft am schlechtesten bezahlt und die Beschäftigungskonditionen
am erfolgreichsten verschlechtert hat. Eigene Belegschaftszahlen befinden sich
ausgerechnet bei vielen großen Konzernen im Sinkflug. Die Medien sind voll von
Berichten über z.b. die Deutsche Bank, Allianz, Telekom, AEG und Siemens.
Wenn
Politiker, die den Mindestlohn ablehnen auf die Tarifparteien verweisen,
ignorieren sie die Realität in
Deutschland. Immer weniger Beschäftigte arbeiten unter tariflichen
Bedingungen. Gewerkschaften und Betriebsräte sind für viele Arbeitgeber
ein rotes Tuch. Gewerkschaftsmitgliedschaft
ist nicht gerade beliebt bei den Managern der Moderne.
Arbeitsverhältnisse in Leih- und Zeitarbeit boomen, gesucht werden
Teilzeitkräfte für Stundenlöhne unter 7 bzw. 6 Euro, weniger ist immer drin.
Der „Jobmotor DHL“ in unserer Region nimmt sich da nicht aus. Diese
Einkommen reichen nicht ein mal aus, um ohne staatliche Unterstützung sein
Dasein zu fristen.
Wovon
sollen sich denn Beschäftigte in Niedriglohnbereichen organisieren? Soll eine
Leih- und Zeitarbeitskraft mit einem Arbeitsvertrag über 30 Wochenstunden und
einem Stundenlohn von 5,41 Euro den Kampf um den Tariflohn aufnehmen, wenn sie
genau weiß, das Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft das Arbeitsverhältnis
kosten kann? Wenn auch nicht mit dieser offiziellen Begründung!
Das
Kräfteverhältnis zwischen den Tarifparteien in Deutschland ist gestört. Es
bedarf dringend eines gesetzlichen Mindestlohns, damit dem freien Fall der Löhne
zumindest Einhalt geboten wird. Die Wirtschaft hat kein primäres Interesse, die
Arbeit gerecht zu bezahlen. Arbeit muss sich wieder lohnen, das erfordert
politisches Engagement!
Mit
freundlichen Grüssen
nach dem Original hier der in der Mitteldeutschen Zeitung abgedruckte Ausschnitt aus meinem Leserbrief