Leserbrief
auf Artikel vom 14. Januar 2008 in der Mitteldeutschen Zeitung, Seite 4
„Debatte über Gewalt belastet die Koalition“
Es
ist schon sehr peinlich für Politiker, Probleme die seit Jahren bekannt sind,
werden erst zu anstehenden Wahlen unter der Teppichkante hervor geholt, um dann
in einem widerlichen Akt der Anbiederung, dem begehrten Wählerpotential diesen
Stoff zum Fraß vor zu werfen. Es werden natürlich „Buhmänner“
angeprangert und Rezepte für Abhilfe aus dem Ärmel gezaubert. Nur an die
Wurzeln der Übel geht man wieder nicht und es ist zu befürchten, dass nach den
Wahlen sich niemand mehr ernsthaft um die Wahlkampfthemen kümmert.
Wer
die Gewalt und Jugendkriminalität beklagt, der kommt nicht umhin sich fragen zu
lassen, was er für die Perspektiven von Jugendlichen in diesem Land tut. Was er
für Chancengleichheit, Ausbildung und Arbeitsplätze unternimmt. Politiker
sollten erklären, was sie bisher gegen Gewalt im Fernsehen und in
Computerspielen unternommen haben und sich an Taten messen lassen. Selbst zu
Weihnachten überschütten einige Fernsehsender die Menschen mit Sendungen, die
alles andere als geeignet sind, Gewalt zu bekämpfen. Aber Weihnachten ist, wie
auch an den meisten anderen Tagen im Jahr, kein Wahlkampf.
Unser
Land ist schwer krank. Es braucht
Politiker, die sich nicht nur darum
bemühen die Rahmen für die Gewinnträchtigkeit Wirtschaft zu setzen. Viele
Politiker scheinen gar nicht mehr zu wissen, wo die Probleme der Menschen
liegen. Gewalt und Gesetzesverstöße müssen
entsprechend geahndet werden, das steht außer Frage. Wer
aber zieht die Politiker, die sich seit langem nicht mehr um eine
menschenwürdige Gestaltung unserer Gesellschaft kümmern, wegen dieser
Unterlassung zur Verantwortung?
Der „innere Zerfall“, wie Günter Grass sehr treffend resümiert, ist sehr weit vorangeschritten und bedarf keiner Wahlreden sondern konkretem Handeln für dieses Land und seine Menschen. Wir brauchen garantierte Ausbildung für die Jugend, gerecht verteilte Beschäftigung für Erwerbsfähige und eine gemeinsame Absicherung von Gesundheitsrisiko, Erwerbslosigkeit und Rentenvorsorge. Chancengleichheit und Miteinander, Toleranz und Engagement würden Beiträge zu einer menschenwürdigen Gesellschaft liefern.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich
Schrieber
Original hier & der gedruckte Leserbrief