Leserbrief
auf Artikel vom 26.02.2002 in der Mitteldeutschen Zeitung: "Höppner
schließt sich Stolpe an"
Leserbrief
:
Nachdem
sich Ministerpräsident Reinhard Höppner (nach Manfred Stolpe) für die
Abschaffung der Mobilitätshilfen für Arbeitslose, die in anderen Bundesländern
einen „Job“ annehmen, ausgesprochen hat, kann ich ihm wirklich gratulieren.
Es kann doch wohl nicht Aufgabe der wirtschaftsschwächeren Länder sein, ihr
Zukunftspotential in andere Regionen zu sponsern. Auch aus meiner Sicht kann die
Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften und insbesondere von Jugendlichen
nur gestoppt werden, wenn Ausbildungs- und Arbeitsplätze in einem verhältnismäßig
ausgewogenem Anteil länderübergreifend wohnortnah zur Verfügung stehen. Es
darf nicht das Ziel der Beschäftigungspolitik und der Unternehmer-Strategie
sein, die deutsche Arbeitswelt in München, Frankfurt/Main, Berlin und in
anderen Ballungsgebieten zu
zentralisieren. Sicher ist ein profitables Geschäft leichter zu gestalten, wenn
ein Unternehmen sich fertig ausgebildeter Beschäftigter bedienen kann und
obendrein die Ausbildungskosten spart. Aber wenn sich diese Denkweise bei den
Arbeitgebern durchsetzt, kann niemand vom Standort Deutschland noch Innovationen
und Effekte zur Konjunkturbelebung erwarten. Da die deutschen Unternehmen von
allein nicht auf die Idee kommen, eine ausgeglichene Ausbildungs- und
Arbeitsplatzsituation in Deutschland zu unterstützen, ist es nur weitsichtig
und vernünftig, wenn die Politik ihrer Aufgabe hier, konsequenter als bisher,
gerecht wird und die Gewerkschaften in ihren diesbezüglichen Bestrebungen
unterstützt. Da sehe ich einen
Anfang im Umdenken im Bezug auf diese Problematik und hoffe, dass so ein mutiger
Schritt auch ernsthaft als Alternative in Betracht gezogen wird.
Volle
Zustimmung meinerseits somit auch zum Standpunkt Höppners, dass das
Abwanderungsproblem nur durch „genügend Arbeitsplätze mit einer angemessenen
Entlohnung“ zu stoppen ist. Allerdings sollte sich eine solche Meinung auch in
der Unterstützung der Gewerkschaftsforderungen nach einer Angleichung von Ost-
und Westlohn widerspiegeln. Wie lange sollen denn viele Beschäftigte noch auf
gleichen Lohn für gleiche Arbeit warten? Investoren die nur nach Sachsen/Anhalt
kommen, weil hier aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit die Schmerzgrenze bei der
Lohnforderung von Arbeitssuchenden niedriger liegt als anderswo, werden die
Arbeitslosigkeit im Land nicht verringern und den allgemeinen Wohlstand nicht
positiv beeinflussen!
Ebenfalls
zu betrachten bleibt die „revolutionäre Forderung“, die Mangelware Arbeit
endlich gerechter zu verteilen. An dieses Thema traut sich zum jetzigen
Zeitpunkt jedoch keine politische Kraft ernsthaft heran.
Wer
sich dieser Forderung verschließt, geht nach meiner festen Überzeugung an
allen arbeitsmarkpolitischen Realitäten vorbei und fördert ein weiteres
Auseinanderklaffen der sozialen Konditionen der Menschen in unserem Land.