Leserbrief bezüglich der Artikel vom 01.12. 03 in der Mitteldeutschen Zeitung: "Verbale Ausfälle eines Neonazis" (Seite 3) und "Bekenntnis zur Wahrheit" (Seite 9)
Es ist mehr als schade, daß die Beteiligung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) an der Organisation der Demonstration "Der Wahrheit verpflichtet" offensichtlich nur den Neonazis aufgefallen ist. Die zeterten auf ihrer "Kundgebung" nämlich nicht nur gegen die Kirchen, sondern hatten sehr wohl die Plakate des DGB entdeckt und richteten ihre Drohungen auch gegen Gewerkschaftler. Wenn Halles Polizeisprecher auf Anfrage der MZ nach sofortiger Reaktion der Polizei auf die Rede der Neonazis mit der Äußerung zitiert wird, "die Akustik war nicht so gut, daß die zuständigen Kollegen gleich alles verstehen konnten", dann scheint es mir, als sei nicht nur die Rechtssprechung in Deutschland womöglich teilweise blind auf dem rechten Auge, nein, nunmehr gibt es Anzeichen für eine Hörschwäche auf dem rechten Ohr.
Fragen stellen sich für mich auch nach der seriösen Berichterstattung von der Kundgebung vor dem Tschernyschewski Haus in den regionalen Presse- und Informationsmedien. Der Hauptredner auf der Kundgebung vor dem Ausstellungsgelände, Horst Schmitthenner vom IG Metall Vorstand, wird trotz einer inhaltlich wertvollen Rede nicht erwähnt. Kein Wort vom DGB Vertreter der Region Johannes Krause. Ich hab ein sehr ungutes Gefühl, wenn bei der öffentlichen Medienschlacht gegen die Gewerkschaften selbst die aktive Beteiligung gewerkschaftlich organisierter Kolleginnen und Kollegen an Demonstrationen gegen Intoleranz und für eine Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit Deutschlands während 1933 und 1945 verschwiegen wird. Zu hoffen bleibt nur, daß die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Volksverhetzung gegen die Redner der Neonazis am 29. 11. 2003 in Halle, nicht an Blind- und Taubheit der Vertreter eines demokratischen Rechtsstaates scheitert!
Ulrich Schrieber
PS, ich halte es für ratsam sich bezüglich der letzten Rechtschreib - Reform die Sache mit dem Doppel "S" für ß noch einmal gründlich zu überlegen.
nach dem Original hier der gedruckte Leserbrief
Ulrich Schrieber