Leserbrief zum Artikel “Eine Wolke aus Nullen” in der Mitteldeutschen Zeitung vom 9. Juli, Seite 35
Gefahr für die Medien - Unabhängigkeit
Man muss nicht Günter
Grass heißen, um zu erkennen dass Teile des deutschen Journalismus von Sensation zu Sensation jagen und parallel
dazu mächtigen Vertreter des Kapitals ungenügend auf die Finger geschaut wird.
Die vierte Macht im Staat wird im Zaum gehalten, denn schließlich unterliegen
auch Medien den real gewordenen Spielregeln des herrschenden Kapitals.
Erfolgreiche und dauerhafte Unabhängigkeit heißt aber vor Allem,
wirtschaftlich unabhängig zu sein. Und da liegt ein Teil des „Hasen im
Pfeffer“. Gerade aus diesem Grund ist es wichtig und unverzichtbar, dass Günter
Grass die Notwendigkeit eines unabhängigen, informativen und hinterfragenden
Journalismus wieder auf die Tagesordnung setzt. Politisches Engagement
ist notwendig, um den Medienbereich nicht endgültig der Macht des Kapitals zu
unterwerfen.
Konsumenten werden von einer Flut medialer Angebote umworben
und ein nicht unerheblicher Teil der Bürger unterliegt Werbung und der
Berichterstattung aus dem Dunstkreis der „Schönen und Reichen“ oder der
„dargestellten Hartz IV Umgebung“
Ich verstehe die Hinweise
von Grass als Warnung, die eigenen Interessen nicht einem Massengeschmack unter
zu ordnen. Mögen wir Bürger der Gesellschaft und den Machtverhältnissen gegenüber
kritisch bleiben.
Es stimmt mehr als bedenklich, wenn selbst in öffentlich rechtlichen Medien der Eindruck entsteht, dass Berichterstattung von der Börse für jedermann wichtige Informationen vermittelt. Ich kann diesem Geschwätz keine notwendige, geschweige denn verwertbare bzw. hilfreiche Botschaft entnehmen. Alarmglocken, die den unabhängigen Journalismus gefährdet sehen, läuten nicht weit von Sachsen – Anhalt: Pläne für einen Umbau der renommierten Journalistikausbildung an der Universität Leipzig lösten schon seit längerem einen heftigen Disput aus. Die Journalistengewerkschaft DJV hatte sich für einen Erhalt der Strukturen der Leipziger Journalistik ausgesprochen. Der im Gegenzug vorgesehene Ausbau der PR-Ausbildung, birgt konkrete Gefahr, interessengesteuerter Einflussnahme von Institutionen auf Öffentlichkeit und Medien. Die „Vierte Macht im Staat“ darf nicht zur Unterstützung von Kapitalinteressen verkommen. Da haben wir als Bürger und Konsumenten eine enorme Verantwortung, der sich viele Menscher wieder bewusst werden müssen!
hier der teilweise gedruckte Leserbrief MZ