Leserbrief:

Leserbrief auf Artikel vom 23. April 2009 in der Mitteldeutschen Zeitung, Seite 24  „Vollzeitstellen weichen vielen Billigjobs“

 

Um festzustellen, dass unbefristete Vollzeitarbeit sehr oft durch sozial bedenkliche Teilzeitarbeit, Leiharbeit u.s.w. verdrängt wird, bedurfte es nicht erst der Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle. Viele Menschen erleben diese bittere Erfahrung seit Jahren selbst. Gewerkschaften und soziale Verbände kritisieren diese Entwicklung seit Jahren zu recht.

Eine Ursache dieser Entwicklung sehe ich unter anderem in dem fehlenden gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Auch die aus Sicht der Arbeitnehmerinteressen seit langer Zeit betriebene stetige Verschlechterung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, trägt ihren Anteil an der Verschlechterung sozial gesicherter Erwerbsmöglichkeiten.

Entgegen dem Artikel der MZ kommt das IWH nicht ausschließlich zu der Erkenntnis, dass die flexiblen Beschäftigungsformen die Koordination von Beruf und Familie verbessern  können. Hier wird auf Chancen und Risiken verwiesen und das trifft die Realität aus meiner Erfahrung wesentlich besser. 

Interessant ist der in der Studie erwähnte Fakt, dass nur noch knapp die Hälfte der Personen im Erwerbsalter, den Status der Vollzeiterwerbstätigkeit hat. Das zeigt einen Abwärtstrend auf  und fördert soziale Unsicherheit und Zukunftsangst. Die offensichtlichen negativen  gesellschaftlichen  und persönlichen Auswirkungen der Entwicklung der Erwerbsarbeit beleuchtet die Studie leider nur sehr vorsichtig und unzureichend. 

Beschämend ist, dass sich die regierende Politik bei der sozialen und familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitswelt mehr und mehr aus der Verantwortung stiehlt und belastende Probleme für unsere soziale Gemeinschaft ignoriert.